Intern
Fakultät für Physik und Astronomie

Nachhaltige Entwicklung von Forschungssoftware in Deutschland

25.03.2021

Forschungssoftware ist zu einem zentralen Gut in der akademischen Forschung geworden. Die gegenwärtige Situation sowie zukünftige Gestaltungsmöglichkeiten werden in einem Positionspapier beschrieben, an dem Würzburger Wissenschaftler mitgewirkt haben.

Eine Abschlussarbeit schreiben ohne Software zu verwenden? – Daran ist heutzutage kaum mehr zu denken! Masteranden und Doktoranden entwickeln eigene Software, um ihre Forschung besser durchzuführen.
Oder es wird die Software benutzt, die andere Kollegen in ihrer freien Zeit geschrieben haben.

Software: Wissenschaftliches Produkt sowie grundlegende Infrastruktur

Unabhängig davon, ob sie selbst geschrieben oder von Kollegen übernommen wurde, mangelt es diesen Szenarien an Nachhaltigkeit.
Im ersten Fall wird die entwickelte Software nach der Abschlussarbeit häufig schlicht vergessen, und dann von anderen später wieder selbst aufwendig neu geschrieben.
Eine offensichtliche Zeitverschwendung.
Im zweiten Fall ist nicht ersichtlich, wie gut die Software weiter gepflegt wird; dem ursprünglichen Entwickler könnte irgendwann einfach die Zeit zur Pflege der Software fehlen.

Mangelnde Wertschätzung

Diese stiefmütterliche Behandlung von Forschungssoftware ist darauf zurückzuführen, dass Software in vielen Feldern nicht als eigentliche Forschungsleistung von Wert wahrgenommen wird.
Deswegen werden kaum Ressourcen in die Pflege dieser entstehenden Infrastrukturen gesteckt, was an vielen Stellen dann einerseits zu Duplikationen führt, andererseits aber auch die Reproduzierbarkeit der Forschungsergebnisse, die mit dieser Software gewonnen wurden, gefährdet – was selbstverständlich nicht im Sinne der Guten Wissenschaftlichen Praxis (https://www.dfg.de/en/research_funding/principles_dfg_funding/good_scientific_practice/) ist.

Strukturelle Änderungen notwendig

Das Positionspapier „An environment for sustainable research software in Germany and beyond: current state, open challenges, and call for action“, das unter Mitwirkung von Dr. Florian Goth (SFB1170, Projekt Z03) sowie 44 anderen Autoren entstanden ist, untersucht die Situation von Forschungssoftware in Deutschland. Es wird festgestellt, dass Finanzierungswege sowie Karrierepfade in Deutschland fehlen, ganz im Gegensatz zur industriellen Software-Entwicklung.

Zusätzlich zur finanziellen Herausforderung werden die Probleme in der Ausbildung und der Infrastruktur sowie rechtliche Aspekte beleuchtet.
Um diese Probleme anzugehen ist es notwendig, die Art und Weise wie „Entwicklung und Wartung von Forschungssoftware derzeit motiviert, koordiniert, finanziert, strukturell und infrastrukturell unterstützt sowie rechtlich behandelt wird“, zu ändern. Die Arbeit gibt schlußendlich konkrete Strategien und Maßnahmen wie diese Änderungen aussehen könnten.

Bessere Software, Bessere Forschung

Da Forschungssoftware ein wesentlicher Bestandteil moderner Wissenschaft geworden ist formulieren die Autoren des Positionspapiers die Anforderung das Software jetzt und in Zukunft verfügbar, auffindbar, nutzbar sowie anpassbar sein muß. Eine Möglichkeit hierfür ist der konsequente Einsatz von bekannten Open Source Lizenzen (https://tldrlegal.com/). Damit können Wissenschaftler, die bestimmte Studienergebnisse überprüfen wollen, die gleiche Software verwenden wie die ursprünglichen Autoren. Um die Qualität der offenen Software zu verbessern, wird der Aufbau lokaler RSE (Research Software Engineer, https://de-rse.org/de/index.html)-Gruppen empfohlen damit Software für den wissenschaftlichen Einsatz leistungsfähig gehalten werden kann - eine Dienstleistung, von der alle Wissenschaftler profitieren würden.

Publikation: https://f1000research.com/articles/9-295/v2

Von Florian Goth

Zurück